Immer höher. Diese Tour soll uns in der Vulkan-Landschaft Ecuadors auf drei 4000-er, zwei 5000-er und einen 6000-er führen.
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Israel
Tel Aviv - Jerusalem
Schon beim Check-in fragte man mich im Airport Heraklion, ob ich sicher wäre nach Tel Aviv zu fliegen, da wäre doch Krieg. Ja schon, aber ist dort nicht immer mehr oder weniger los? Nach einem ruhigen Flug mit dem Airbus nach Tel Aviv zum Ben Gurion Airport, ging es zum Einreise-Check. War mir schon erzählt worden, dass dieser etwas länger dauert hier. So stellte mir dann auch die humor- und ausdruckslose Dame dort permanent diesselben Fragen: "What do you want in Israel?", "What do you know about the history of Israel?", "Where do you sleep?". Immer wiederholend und nie zufrieden mit meinen Auskünften, holte sie eine zweite Person hinzu, die mich in einen Warteraum verfrachtete. Dort saßen schon viele Leute und wurden einzeln in einen Raum geholt.
Nach einer Stunde war auch ich fällig und wurde sehr gründlich befragt. Vor allem mit dem Wort "Pilgrim" wußten sie nicht so recht was anzufangen. Ich wolle hier durch die Gegend laufen und immer woanders übernachten? Nein, nein. Mir wurde mir zur Bedingung gemacht, meine Herbergsbuchung auf 5 Tage zu verlängern. So bekam ich letztendlich mein Einreiseticket. Einen Stempel bekommt man nicht in seinen Reisepass, da man damit in kein arabisches Land mehr einreisen kann. Nun ging es zur Suche nach einer Verbindung zur Stadt rein, nach zahlreichem Nachfragen fand ich auch den richtigen Zug. Ein Zugbegleiter erzählte mir, aus dem Gazastreifen hätten sie die letzten Tage über 100 Missiles abgefeuert, auch auf den Flughafen. Aber der Iron Dom hätte alle weggefangen.
Den Zielbahnhof hatte ich scheinbar falsch gewählt, jedenfalls hatte ich noch einige Kilometer in der City vor mir bis zur Herberge Hayarkon48, der Backpacker-Unterkunft. Die Herberge liegt 100 m vom Strand entfernt, ist top betreut, sehr preiswert und nur zu empfehlen für Weltenbummler. Nur die Klientel da drin ist etwas gewöhnungsbedürftig. Die Meisten wollen Party machen in Tel Aviv, dementsprechend, stehen die Leute in meinem 6-Bett-Zimmer gegen Abend auf und kommen früh heim. Ruhig schlafen konnte ich nur, wenn sie zeitig gingen und spät am Morgen kamen. Der Boden war voll mit verstreuten Klamotten und jeden Abend musste ich erstmal mein Bett von "Müll" befreien. Was sich die Tage hier drin sonst noch abspielte, das wüßte ich jetzt gar nicht diskret zu formulieren 🙂.
Beim guten israelischen Bier auf dem Rooftop der Herberge, stand ich vor dem Dilemma, wie ich die Fusspilgerschaft fortsetze, von einem Ort aus. Die Entfernung von Tel Aviv nach Jerusalem betrug noch 70 km. D.h. ich brauche jeden Tag nur 15 km. So fand ich die für mich sogar noch optimalere Lösung: Wenn ich jeden Tag an die wichtigen Orte fahre und diese zu Fuss entdecke, bin ich meine Strecke gelaufen und habe sogar Sehenswertes im heiligen Land sehen können. Na ja, ganz wohlfühlte ich mich mit der Entscheidung nicht, aber mir fiel nichts Anderes ein. Nachdem ich Fahrpläne und Preise studiert hatte, entschied ich mich für Touren mit der App GetYourGuide. Die waren günstiger als, wenn ich mir Bustickets und Eintrittskarten selbst kaufen würde. So stand dann jeden Morgen ein Shuttle vor der Herberge.
Da ich mit den Touren nicht ganz auf meine Kilometer kam, lief ich am späten Nachmittag die herrliche Strandpromenade in Tel Aviv mal nach Tel Aviv Jaffa oder in die andere Richtung, wo sich ein Strand an den anderen reiht. Tags darauf bin ich am tiefsten Punkt angelangt, Gott sei dank nur dem der Erde, 419 m unter Meeresspiegel. Bei 45° Luft- und 36° Wassertemperatur ging es dort baden, im Toten Meer. Schwimmen funktioniert da nicht mehr, da es die Beine immer hinten hochzieht 🙂. Der See wird immer leerer, man sieht noch Gebäude, die früher mal am Ufer standen, heute aber weitab davon stehen. Vorher besuchte ich die historisch bedeutsame Massada Festung mit der originalen Rampe, welche die Römer im 1. Jahrhundert bauten und in die Festung des Herodes einbrachen. Was die hier in der Hitze wollten, ist schwer nachvollziehbar 🙂.
Am Abend beim Bier zeigte mir ein niederländischer Journalist eine App für Raketenwarnungen: Red alert. Damit erfährt man genau wohin grad Raketen unterwegs sind. Man gewinnt so 50 Sekunden bis zum Einschlag. Crazy. Ich fühlte mich aber jederzeit geschützt vom Iron dom, meist fangen sie hier jede Missile weg. Einige Male sah man am Abendhimmel in der Ferne Lichtblitze oder hörte dumpfe Geräusche. Einmal ging auch die Sirene in unserer Herberge, gegen 8 Uhr früh, aber da war ich schon auf Tour. Technologie auf höchstem Niveau, allerdings kostet jede Zerstörung etwa 50000 Euro. Deshalb werden nur die zerstört, die Schaden anrichten können. Das wird innerhalb kürzester Zeit berechnet. Schon Mist, wenn man Hightech für solchen Irrsinn verwenden muss.
Nächsten Morgen ging es zuerst nach Nazareth in die heutige Franziskanerkirche, in der Maria die Geburt des Messias verkündet wurde. Wer den kulturellen Hintergrund nicht mehr kennt: Maria und Joseph wohnten dort, mussten dann aber durch den römischen Zensus nach Bethlehem. Dort wurde Jesus geboren, aufgewachsen ist er aber nach der Rückkehr in Nazareth. Danach brach Jesus zu seiner Wanderschaft nach Jerusalem auf, es ging Richtung Galiläa. Neben dem ersten Wunder, Wasser zu Wein werden zu lassen, sollten viele weitere um den See von Galiläa herum folgen. An den Stellen stehen heute Kirchen katholischer Orden. Ich besuchte die benediktinische Kirche vom Brotvermehrungswunder und die Franziskaner Kirche von Kapernaum. Hier wohnte Jesus bei Petrus, viele Ausgrabungen mit altertümlichen Stücken sind zu sehen.
Danach ging es zu der Stelle wo Jesus von Johannes im Jordan River getauft wurde. Wird heute ordentlich vermarktet. Während viele diese Jordan Taufe hier machen, hab ich mir for free durch die Fische im Jordan die Hornhaut von den Füßen abfressen lassen. Meist wird das nämlich hier gegen Bares angeboten. Aber als die großen Welse kamen, zog ich besser mal die Füße ein 🙂. Plantagen von prall gefüllten Daltelbäumen stehen hier. Am folgenden Tag verlief die Tour in den Norden an die Grenze zum Libanon. Zuerst zu den Grotten von Rosch Hanikra, wo das Mittelmeer Höhlen und Grotten in die weißen Kalkfelsen gefressen hatte, dann in die ehemalige Kreuzfahrer-Festung Caesarea Maritima und die alte Hafenstadt Akko, die auch in der Bibel erwähnt wird. Weiter ging es in die moderne Hafenstadt Haifa, hier sind die Hängenden Gärten der Bahai am Hang des Berges Karmel sehr sehenswert. Bei den Bahai handelt es sich um eine weit verbreitete, hierzulande aber eher unbekannte Religion. Unter der goldenen Kuppel befindet sich der Schrein des Bab, in dem der Religionsbegründer begraben ist.
Am letzten Tag besuchte ich zuerst Bethlehem, die Geburtstätte Jesu, im ummauerten Palästinenser Gebiet. Von hohen Betonmauern abgetrennt, musste man erst durch eine Sicherheitsschleuse, ehe man weiter zur Geburtskirche kam. Über schmale Treppen gelangt man dort in die Grotte mit Geburtsaltar. Der Abschluss meiner Tour sollte jedoch in Jerusalem sein. Nach der Besichtigung dieser architektonisch und kulturell komplexen Stadt, dem Besuch der Klagemauer, dem Gang über die Via Dolorosa, ging es ins Allerheiligste, dem Grabmal Jesu. Hier hab ich für alle meine Freunde, meine Kinder, Angehörigen und die, die mich darum baten, gebetet. Eine interessante Reportage über Glaube und Frieden am Allerheiligsten relativiert da einiges: Das Heilige Grab Jesu Christi - Ein ewiger Streit. Leider finde ich grad keinen Link dahin, das ändert sich ständig.
So hatte auch der Abschluss meiner Pilgerreise nicht diesen Hauch von innerer Einkehr und Ruhe. Alle heiligen Städten waren laut und voller Menschen. Zudem fehlte die letzten Tage der innere Friede beim Laufen. Dinge die ich zu dem Zeitpunkt nicht ändern konnte, sondern akzeptierte. Und so betrachte ich meinen Weg hierher eben als meinen Weg hierher, er war so wie er war. Ich bin glücklich das alles erlebt zu haben und kann viele Dinge entspannter betrachten. Tel Aviv is to play, Jerusalem is to pray sagen die Einheimischen, deswegen wieder auf in die Hauptstadt. Nicht um zu feiern, sondern um heimzukommen 🙂.
Nachts fuhr ich zum Airport, der Check-in war diesmal unproblematisch und wir starteten pünktlich Richtung Berlin Schönefeld. Ich fand es sehr schön wieder in Deutschland zu sein und genoß am Abend die Regentropfen, die auf den Fenstersims meiner kleinen Wohnung tropften.